Klasse 2

Bedingt durch die Wesensart des  Kindes tragen die drei ersten Schuljahre ein einheitliches Gepräge, wenn wir sie im Überblick betrachten. Und dennoch könnte man niemals eine 2. Klasse mit einer 1. Klasse verwechseln! Die Kinder sind mit ihrem Schulalltag vertraut, sie kennen sich untereinander und sie kennen auch die Lehrer. Und wie genau sie sie kennen! „Was lernen wir heute?“, so wird der Lehrer nicht selten frühmorgens gefragt. Immer wieder ist beglückend zu erleben, dass die Kinder immerzu lernen wollen, und sie tun das auf Schritt und Tritt. Gibt es doch in diesem Alter noch ein einheitliches Band von Kind und Welt, in der alles ein „Du“ ist und jedes „Du“ ein Teil des Kindes selbst sein könnte.


Was mir Sonne, Mond und Sterne,
Steine, Blumen, Tiere sagen
Und die Menschen, hör’ ich gerne,
Will es froh im Herzen tragen.
Martin Tittman


Dieses kann man tag-täglich an den Kindern erleben! Am liebsten mögen sie die selbst erdachten Geschichten des Lehrers. Aber auch die sinnigen Geschichten haben hier ihren Platz und natürlich die Tierfabeln und die Heiligenlegenden. Die beiden letzteren sind ein Charakteristikum der 2. Klasse. Welche Zweiheit der Menschennatur wird damit den Kindern nahe gebracht? In den Fabeln die ins Extrem getriebene Einseitigkeit von List, Geiz, Bosheit, Neugier, Schwatzhaftigkeit, Schadenfreude u.ä. und in den Heiligenlegenden eine ganz andere Seite des Menschseins: Da wurden Tugenden wie Mitleid, Selbstlosigkeit, Verzicht auf jeden äußeren Reichtum, Liebe zu allem Lebendigen usw. erübt und konnten für andere Menschen zum Segen werden.

Doch in der 2. Klasse wird keineswegs nur erzählt! In den Schreib-Leseepochen erlernen die Kinder in zügiger Abfolge die kleinen Druckbuchstaben und die Schreibschrift. Sie brennen förmlich darauf, endlich alles schreiben und dann bald auch lesen zu können. An den Schreib- und Lesefertigkeiten wird intensiv geübt. Man sollte nicht unterschätzen, wie schwer es ist, ein wirklich schönes großes A zum Beispiel in Schreibschrift auf das Papier zu bringen!

In den Rechenepochen geht es um die stete Erweiterung des Zahlenraumes, um das sichere Überschreiten der Zehner und auch der Hunderter. Die Einmaleinsreihen werden bis zur Zehnerreihe  geübt – immer noch auch mit Klatschen, Hüpfen oder Stampfen. Die vier Rechenbrüder aus der 1. Klasse sind unvergessen und schauen immer mal wieder auch in der 2. Klasse vorbei.

In den Sachkundeepochen geht es um alles, was uns täglich begegnet, was auf dem Schulweg erlebt wurde, was die Natur uns zeigt, wie wir die Veränderungen im Jahreslauf erleben. Die Kinder lernen sich durch Erzählen und Wiedererzählen unbefangen zu äußern und sich gegenseitig  zu zuhören. Die Bewegungsfreude der Zweitklässler ist schier unerschöpflich. Kann dies durch Spiele gelenkt werden, dann hat man auch da seine helle Freude an den Kindern!